Zwischen BANGKOK, SIEM REAP und PHNOM PEN


Wenn es im Bauch kribbelt, dann ist es entweder eine Magen-Verstimmung, Liebe, oder das Zeichen dafür, dass ein Lebenstraum in Erfüllung geht. „Mekong Fluss-Kreuzfahrt!“ steht über dem Reiseplan, den ich in Händen halte.
Da!
Da sind sie wieder, meine ganz persönlichen Schmetterlinge im Bauch.
Bangkok, Siem Reap und dann über den Tonle Sap Fluss nach Phnom Penh. Dort weiter auf dem Mekong nach Saigon (Ho-Chi-Minh-Stadt). Der Reiseverlauf liest sich wie die Top5 einer „Must See“-Liste.

BANGKOK: Die Welt, eine Auster

Bangkok ist bunt, laut, exotisch, aufregend. Sehenswertes an jeder Ecke. Zwei der Sehenswürdigkeiten haben es mir ganz besonders angetan.


Erstens den Königspalast: Wahnsinn! Drei Daumen hoch. Unbedingt ansehen. Die Anlage ist herrlich gepflegt. Die Silberpagode und ihre Schätze beeindruckend.


Zweitens Wat Arun: Der zu Stein gewordene Zuckerguss-Hochzeitstorten-Traum einer Märchen-Prinzessin, bewacht von grimmigen, blauköpfigen Dämonen. Unbedingt anschauen, knipsen, knipsen, knipsen, und emsig im Reiseführer die dazugehörigen Erklärungen mitlesen (oder am besten geführt besuchen).

SIEM REAP: Mehr als nur Steine

Es fühlt sich so ein bisschen an wie “Kind sein am Weihnachtsabend”. Nach diesem Tag werde ich einen großen grünen Haken auf meine Löffelliste setzen können:


Bayon ist der perfekte Vorgeschmack auf Angkor Wat. Mitten im Wald blicken riesenhafte Steingesichter von Türmen aus in alle Himmelsrichtungen. Die Sonne geht gerade unter, und es sind nur noch wenige, vereinzelte Touristen da. Dafür brodeln die Endorphine in Massen durch meine Blutbahn. Wahnsinn.


Das geheimnisvolle Angkor Wat ist zu groß, als dass ich es direkt im Anschluss an den Bayon-Besuch erkunden könnte. Das ist auch ganz gut so, denn die Eindrücke, die mir die gigantischen Bauten von Angkor Wat am anderen Tag verschaffen sind überwältigend. Meine Erwartung wird nicht nur erfüllt, sondern übertroffen.



Uns selbst diese spektakuläre Sehenswürdigkeit wird für meinen persönlichen Geschmack dann noch von Angkor Thom getoppt. Ich kann mich in Angkor Thom gar nicht sattsehen, an den Ruinen, die der Urwald langsam wieder vereinnahmt. Ein echtes Highlight in meinem Leben.

Die MS Lan Diep


Das kleine Schiff MS Lan Diep fährt unter Kambodschanischer Flagge. Die Besatzung ist sowas von zum Fressen süß und freundlich und überhaupt ein Vorbild für alle, die auch nur im Ansatz mit Service zu tun haben. Nach Ausflügen stehen alle brav aufgereiht an der Reling, um die zurückkehrenden Touristen zu empfangen, einen Tee zu reichen und strahlend lächelnd ein „Welcome Home“ zu hauchen. Und es fühlt sich auch wirklich wie nach Hause kommen an.


Das Schiff ist sauber, geräumig, das Essen fies lecker und überraschend abwechslungsreich. Meine Kabine ist ebenfalls groß, und mit allem ausgestattet was das Herz begehrt. OK, die Klimaanlage tropft manchmal. Aber wen stört das? Handtuch drunter, fertig. Ich habe online gebucht und bekomme mit freundlicher Empfehlung des Veranstalters, Phoenix Reisen, eine Flasche Sekt auf meine Kabine geliefert. Ja, was soll ich dazu sagen?! Habe ich doch wieder alles richtig gemacht, oder?



PHNOM PEN: Empathie für Anfänger

Der Gedanke daran die Killing Fields und ein ehemaliges Gefängnis in Phnom Pen zu besuchen verursacht mir in vielerlei Hinsicht Unbehagen. Zu allererst meldet sich mein schlechtes Gewissen, dass ich mal wieder völlig unvorbereitet, und ohne mich in die Geschichte eines Landes einzulesen, verreist bin. Außerdem schwant mir, dass das keine Heile-Welt-Exkursion werden wird. Dabei bin ich bekennende Heile-Welt-Touristin. Ich beobachte meine Umwelt auf Reisen sehr genau. Ich nehme die Zustände im Reiselande sehr wohl wahr und reflektiere sie auch. Aber dann verdränge ich die weniger schönen Erkenntnisse relativ schnell. Das ist Selbstschutz. Ich kann nicht das Leid der Welt auf meine Schultern laden, sondern nur versuchen, mein Handeln im Wissen darum wie privilegiert mein Leben ist, anzupassen.
Mein Bauchgefühl über den Besuch der Kambodschanischen Killing Fields und des Gefängnisses täuscht mich nicht. Und ich werde diesen Besuch auch leider niemals wieder vergessen können.


Das Gelände der Killing Fields hat zuerst nichts Angsteinflößendes. Die Knochen in den Massengräbern könnten theoretisch auch prähistorische Funde sein. Die Hunderte von Totenschädeln in der Gedenk-Stupa haben auch eher etwas Klinisches.


Beklemmend wir das alles erst mit den dazugehören Fakten, die die Reiseleiterin uns berichtet: Folter und Exekution. Bäume, die einzig dazu genutzt wurden Säuglinge daran zu zerschlagen.
Völkermord der schlimmsten Art. Menschliche Perversion, die sich mit Worten so nicht beschreiben lässt. Es dauert keine zwanzig Minuten, da wischen sich ausnahmslos alle Touristen, die an der Führung teilnehmen, Tränen aus dem Gesicht. Die Geschichten, die uns unsere Kambodschanische Begleitung erzählt, klingen so bizarr und krank, dass keine Fiktion sich sowas hätte ausdenken können.
Beklemmt, bedrückt, schweigsam.


Auch die Weiterfahrt zum ehemaligen Folter- und Verhörgefängnis der Roten Khmer S-21 ist keine Vergnügungsfahrt.
Obwohl ich erwartet habe, dass es nicht viel schlimmer kommen kann, kommt es schlimmer. Das S-21 ist mittlerweile ein Museum. Man kann die Zellen sehen, in denen gefoltert und gequält wurde. Man sieht nachgestellte Szenen der abartigsten Methoden Menschen zu quälen und zu misshandeln. Was hier passiert ist, kann es an Perversion mit den Kriegsverbrechen des Zweiten Weltkriegs aufnehmen. Völkermord. Beängstigend, beschämend.

Eine Exkursion zu diesen beiden Plätzen bei Phnom Pen ist schockierend und lässt sich nicht wieder aus dem Gedächtnis verdrängen. Trotzdem empfehle ich diesen Trip zu machen. Manche Ereignisse dürfen nicht in Vergessenheit geraten, um die Zukunft vor Wiederholung zu schützen. Manche Ereignisse erden uns. Manche Ereignisse erinnern uns an die eigene Zerbrechlichkeit, und wie wichtig es ist für die richtigen Dinge einzustehen.



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