Unter der Überschrift
„Finnisch Lappland“ habe ich diese Einträge auf meiner Löffelliste notiert:
- Polarlichter
- Rentier- und Hundeschlitten fahren,
- Langlauf und Skidoo ausprobieren.
Welche
Einträge nun, nach meiner Finnland Reise einen kleinen grünen Haken für „erledigt“
bekommen haben, und warum ich jetzt wieder an den Weihnachtsmann glaube, habe
ich aufgeschrieben:
Die Nachtwanderung mit Schneeschuhen
und Polarlichtern
Ein lokaler Guide
hat eine kleine Gruppe Touristen um sich versammelt, und erklärt uns geduldig,
wie man Schneeschuhe anlegt und benutzt. Puh! Ich hätte nicht gedacht, dass das
Laufen damit so anstrengend ist. Auf der Spitze des Schuhs, der wie ein Tennisschläger
aussieht, sammelt sich immer wieder lockerer Schnee, den man dann mit jedem Schritt
mitschaufelt. Ohne Schneeschuhe wäre die Wanderung in der einsetzenden
Dämmerung vermutlich noch beschwerlicher.
Es wird schnell
dunkel, und doch nicht. Der Vollmond und der Schnee erschaffen eine ganz
besondere Lichtstimmung. Leider -so gesteht mir der Guide- ist es recht
unwahrscheinlich bei Vollmond Polarlichter zu sehen. Dennoch bilde ich mir ein,
einen Gelbschimmer am Himmel auszumachen, als wie an einer gemütlichen
Schutzhütte Rast machen, um heißen Beerentee am offenen Feuer zu genießen.
Die wilde Hundeschlittenbande
und mein Rentierschlitten Führerschein
Mitten im Wald ist
die Hundeschlitten-Station. Die Tiere sind unglaublich schön und sehr
freundlich. Besonders die Welpen in den Zwingern verzaubern jeden Touristen.
Ich bin nicht nur hier, um die zähen Hunde zu bewundern, sondern um zum ersten
mal in meinem Leben Hundeschlitten zu fahren. Unzählige TV-Dokumentationen
haben mir Lust auf dieses kleine Abenteuer gemacht. Jetzt stehe ich hier,
hinter einem kleinen Schlitten. Vor mir sechs wild zerrende und unbändig
aufgeregte Finnische Hunde. Ich stehe mit vollem Gewicht auf der Ankerbremse,
die wie eine Krampe hinter dem Schlitten in den vereisten Boden gerammt ist.
Der Guide hat mir erklärt was zu tun ist. Meine innere Stimme zählt den
Countdown herunter. Drei, zwei, eins, los!
Beide Füße runter
vom Bremsbügel, rechts und links auf die Kufen. Das Gebell, Geheul und Gewinsel
ohrenbetäubend. Ein Ruck, und schon geht die wilde Fahrt entlang der markierten
Piste. Pfoten-Getrappel, schnaufende Atemstöße. Der schneidend kalte Fahrtwind
treibt Tränen in die Augenwinkel, wo sie sofort gefrieren. Was für eine Fahrt!
Es dauert keine Minute, und es gibt nur noch die hechelnden, rennenden Hunde,
den eisigen Wind, die verschneite Landschaft und mich. Ich glühe vor Stolz und
Glück.
Leider ist es nur
eine kurze „Schnupperfahrt“ und ich bin ganz enttäuscht, als ein Musher am
Endpunkt der Piste mir das Zeichen zum Bremsen und Absteigen gibt.
Später am Tag
werde ich noch mit dem Rentierschlitten fahren, tröste ich mich.
Die Fahrt auf dem
Rentierschlitten ist nicht annähernd so rasant wie der Ritt mit dem
Hundeschlitten. Das persönlicher Rudolf (allerdings ohne rote Nase) trottet
zügig, aber gemütlich vor sich hin. Fast geräuschlos gleiten meine vierbeinige
Begleitung und ich durch das verschneite Areal. Herrlich. Ganz anders als die
Erfahrung vom Vormittag, aber trotzdem ebenso ein Highlight meiner Reise.
Die Langlaufniederlage und die
Skidoo Begeisterung
Es dauert keine
zehn Minuten, da ist klar: Langlauf ist nicht mein Sport. Meine Technik ist
derartig falsch und ineffizient, dass ich schon nach kurzer Zeit entkräftet
bin. Ein leichtes auf oder ab in der Loipe bewältige ich eher schlecht als
recht. Und als es mal einen kleineren Hügel hinab geht, gerate ich völlig in
Panik, lasse mich aus der Loipe gleiten und steuere zielsicher eine Tanne am Wegrand
an. Blöder Fehler, wie sich herausstellt. Kaum von der präparierten Loipe
herunter, sacke ich in mehrere Meter Tiefschnee, schaffe es aber noch mit
lautem rums an der Tanne zu bremsen. Sekunden später nehme ich ein dunkles
Grollen wahr, und mehrere Kilo Schnee von den Tannenästen begraben mich unter
sich.
Gerade als ich
darüber sinniere, ob ich denn wohl den zweifelhaft rühmlichen Titel der „ersten
Touristin Finnlands, die neben der Loipe im Tiefschnee erfriert“ erlangen
werde, spüre ich die Hand des Guides an meinem Overall-Kragen. Er war zurückgekommen,
weil er mein angestrengtes Schnaufen hinter sich vermisst hat. Ich bin extrem
froh ihn zu sehen. Er allerdings, schimpft auf Finnisch vor sich hin (ich
verstehe kein Wort, aber der Betonung nach zu urteilen, kann es sich nur um Flüche
handeln). Nachdem er mich ausgegraben hat, befreit der meine Skier, die sich von
der Bindung gelöst haben, sucht er noch eine Weile vergeblich meinen zweiten
Skistock, und schickt mich dann -zu Fuß- zurück ins Hotel.
Leicht geknickt überlege
ich die Skidoo Tour am Nachmittag abzusagen. Ich bin offensichtlich eine Schneeniete.
Zum Glück siegt die Neugierde und ich sitze noch am selben Tag auf einem Skidoo.
Nach einigen Runden Eingewöhnung rast ein kleiner Tross Skidoos durch die
Tiefschneelandschaft. Beheizter Sitz, beheizter Lenker. Stundenlang könnte ich
so durch die Stille fahren. Nur ich, der Wind und die Eiskristalle auf meinem Visier.
Es gibt ihn, den
Weihnachtsmann
Mit dem Taxi kommt
man fix ins „Weihnachtsmann-Dorf“. Viel weihnachtlicher Kitsch, zum Teil sehr
kommerziell. Ich habe es mir fast schon gedacht und bin innerlich darauf
vorbereitet.
Dass ich IHN hier
persönlich antreffe, damit habe ich nicht gerechnet. Ich glaube, kein
Erwachsener ist auf so eine Begegnung vorbereitet. „Foto mit Weihnachtsmann“
steht es mehrsprachig über einer Tür.
„Das sehe ich mir an.“ denke ich und
laufe den Gang entlang, der wie eine Wichtelwerkstatt gestaltet ist. Am Ende
des Gangs gelangt man in ein gemütliches Wohnzimmer. Unzählige Päckchen auf dem
Boden verstreut. Vor dem flackernden Kamin ein Mann im Schaukelstuhl. Daneben
auf zwei weiteren Stühlen ein Touristenpärchen. Der vermeintliche
Weihnachtsmann trägt legere Kleidung. Eine Cordhose, kariertes Flanellhemd und
Strickweste. Seine Hände verraten nicht ein Jahr seines Alters.
Gerade eben noch
hat er mit dem Touristenpärchen irgendwas Skandinavisches gesprochen, da
witzelt er doch jetzt mit der Familie vor mir auf Griechisch (?) Kaum bin ich
dran, fragt er mich in akzentfreiem Deutsch "Hast du einen Wunsch?"
Ganz offensichtlich amüsiert über meine Verwunderung, sehen mich seine freundlichen
Augen mit den Lachfältchen am äußeren Winkel über den Brillenrand hinweg
eindringlich an. Ich muss mich ehrlich zusammen reißen nicht zu stottern
"Wieviel Sprachen sprichst du denn?" stammele ich, weil mir
anscheinend nichts Dämlicheres einfällt. Er lächelt und nickt "Alle
Sprachen der Kinder, die an mich glauben". Ich bin fassungslos gerührt,
aber absolut überzeugt: Er ist es! Es gibt ihn, den Weihnachtsmann. Und er
vollbringt Wunder, denn er kann machen, dass man wieder Kind ist.
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