ISRAEL, JORDANIEN & ÄGYPTEN: Murphys Law trifft auf Lebenstraum


Die Kurzfassung dieser Reise liest sich ein bisschen wie die Inhaltsangabe eines ereignisüberfrachteten Hollywood-Streifens: Reisegepäck verloren, sexuelle Nötigung an der ägyptischen Grenze, Kamera zerstört, Lebenstraum erfüllt, Wohnung ausgeraubt.
Die Langfassung ist abendfüllend.
Das spannendste in Leselänge zusammengefasst:

Urlaub ohne Gepäck
Meine gute Laune und ich landen in Ägypten. Mein Reisegepäck nicht. Mir schwant nichts Gutes, denn bereits morgen Mittag plane ich die Grenze nach Israel zu passieren. Mir ist klar, dass ein Koffer ohne Besitzer auf gar keinen Fall in Israel „einreisen“ wird. Vorsorglich decke ich mich im Hotel mit Zahnbürste und Zahnpasta ein.
Es kommt wie es kommen muss: Mein Gepäck wird nicht nachgeliefert. Ich bereise Israel also ohne Koffer und hoffe, dass mein Gepäck sich irgendwann wiederfindet.
Lediglich meinen Rucksack mit Kamera, notwendigsten Utensilien (teilweise Leihgaben oder Geschenke von Mitreisenden) und eine Aldi-Tüte mit wenigen Kleidungsstücken (One to wear, one to wash and one spare!), die ich mir unterwegs gekauft habe, begleiten mich.
Optimal ist anders, aber es gibt auch echt schlimmeres. Irgendwie ein befreites Reisen. Erinnert mich ein bisschen an das Leben aus dem Rucksack während der guten alten Interrail-Zeit.


Sexuelle Nötigung an der Grenze
An der Grenze zu Israel stehe ich in einer langen Schlange am Ägyptischen Schalter und blicke versonnen in dem Gebäude herum. In Ermangelung von Wechsel-Kleidung trage ich die Sachen vom Anreisetag zuvor. Lange Jeans, Langarmpulli und Sneakers. Der Grenzbeamte, ein älterer Herr mit dunklem aber angegrautem Schnurrbart, zwinkert mir zu. Ich lächele neutral zurück. Als ich an der Reihe bin, strahlt er mich an. Er blick in meinen Pass. „Deutsch?“ fragt er. „Ja.“ antworte ich freundlich. Er blättert vor und zurück durch den vollgestempelten Reisepass. „All OK?“ frage ich. Wortlos schließt er seinen Schalter und schert sich so gar nicht um die murrenden Touristen, die hinter mir anstehen. Der Beamte kommt hinter seinem Tresen hervor. Ein großer Mann. Weiße Uniform mit Pistole am Halfter. Meinen Reisepass in der Hand bedeutet er mir mit einer Handbewegung mitzukommen. Verwirrt, aber völlig arglos laufe ich mit meinem Rucksack auf dem Rücken und meiner Aldi-Tüte in der Hand hinterher. Er geht in ein Büro im hinteren Bereich der Grenzstation. Ich folge ihm. Als er die Tür hinter mir schließt, und den Schlüssel im Schloss dreht, wird mir schlagartig bewusst, dass DAS jetzt keine normale Situation ist, die sogar noch ganz ganz ganz ganz übel werden könnt. Beide stehen wir leicht unschlüssig im Büro herum. Das Fenster ist nach zur Abfertigungshalle hin mit einem Sichtschutz versehen. Ich versuche nach außen hin so gelassen wie möglich zu wirken, obwohl meine Gedanken wilde Purzelbäume schlagen. Der Ägypter spielt an seinem Handy herum. „First time Egypt?“ beginnt er ein Gespräch. „No. Second Time.“ antworte ich wahrheitsgemäß. „Make photo?“ Er macht einen Schritt auf mich zu und ich weiche keinen Millimeter aus. Instinktiv mache ich einen ganz geraden Rücken, damit meine beinahe ein Meter und achtzig auch voll zur Geltung kommen. Er stellt sich neben mich und zeigt mir sein Handy. „Photo?“ fragt er nochmals. Ich bin geradezu erleichtert. Achso. Er will nur ein Foto von uns beiden. …Diane! Wie naiv kann ein Mensch sein?... Meine innere Stimme schreit mich an, als er den Arm um meine Schulter legt, und uns beide in Selfie-Pose bringt. Ich -blöde Kuh- lächele gequält in die Kamera. Anstatt abzudrücken, oder vielleicht auch während er abdrückt, dreht er sich zu mir, und versucht mir seine Zunge in meinen Hals zu stecken. …Diane! Flucht nach vorne!... kommandiert der Instinkt in mir. Wohldosiert, aber mit Nachdruck und genügend Kraft schubse ich ihn mit beiden Händen von mir. Er lacht und kommt wieder auf mich zu. Wieder weiche ich nicht zurück. Als er mir nochmals seinen Mund mit Schnauzer entgegen reckt, frage ich mich allen Ernstes, wer denn hier der Naive ist. Mit einem lauten „No!“ schubs ich ihn nochmals auf Abstand. Er grinst, dreht sich um, nimmt meinen Reisepass vom Schreibtisch und wirft ihn mir vor die Füße. Mit zügigen Schritten verlässt er das Büro. Wie von der Tarantel gestochen schnappe ich mir den Pass, und hechte hinterher. Der Mistkerl wie vom Erdboden verschluckt. Wie in Trance stelle ich mich wieder in der Warteschlange zur Ausreise an und zwinge mich dazu möglichst entspannt zu wirken, anstatt wie ein gejagtes Kaninchen ständig die Halle nach diesem Drecksack zu scannen. Als der Ausreise-Stempel in meinen Pass saust, und ich zur Israelischen Grenzstation hinüber laufe, sehe ich ihn hinter dem Ägyptischen Gebäude stehen. Er raucht, sieht mich, und zwinkert mir zu. Obwohl ich völlig fassungslos über so viel Dreistigkeit bin, gehe ich reaktionslos weiter. Erst als ich in der Halle mit den israelischen Einreiseschaltern bin, atme ich wieder aus. Mein Herz schlägt bis zum Hals.



Petra. Ein Lebenstraum.
Indiana Jones reitet wilden Galopp durch eine enge Schlucht, die irgendwie ein bisschen an den Antelope Canyon erinnert. Plötzlich, hinter der nächsten Biegung öffnet sich der enge Trichter. Der Canyon mündet in einen Platz, vor einer gewaltigen Fassade, gearbeitet in massiven, roten Sandsteinfels.
Wie oft habe ich diese Szene schon im TV angeschaut und dann wieder die DVD zurück gespult, und dann nochmals angeschaut?
Jetzt endlich erfüllt sich mein Lebenstraum. Der Bus hat auf dem Besucherparkplatz bei den Ausgrabungen in Petra angehalten. Rucksack geschultert und meine Kamera in der Hand bleibe ich in der geöffneten Bustür stehen und blinzele in die Sonne. Da passiert es. Es poltert. Kunststoff kracht und drei Stufen unter mir liegen die Einzelteile meiner heiß geliebten Kamera im gelblichen Sand. Als sich meine Schockstarre löst, beginne ich die abgesplitterten Teile des Gehäuses und die Linse vorsichtig einzusammeln. Man muss kein Techniker sein, um sofort zu erkennen. Dieses Panasonic Lumix FZ-5 ist über den Jordan gegangen. Da gibt es nichts mehr zu reparieren. Den Tränen nahe, rette ich den Speicherchip, während die Einzelteile dessen was mal ein treuer Begleiter auf unzähligen Reisen war in meinem Rucksack verschwinden.
Gut. Ich kann jetzt rumstehen und heulen, oder meinen Lebenstraum, der nur noch wenige Schritte von mir entfernt ist, erfüllen.
Keine Frage. „Oder“ gewinnt. Obwohl es mir bei dem Gedanken ohne (selbstgemachte!) Fotos aus Petra nach Hause zurück zu kehren, förmlich die Kehle zuschnürt.
Konfuze hat recht, wenn er sagt „Ärgere dich nicht über Dinge, die du nicht mehr ändern kannst.“ Schnelle Schritte bringen mich in den Canyon, der den Zugang zur jordanischen Stadt Petra bildet.


Ja, jetzt stehe ich hier. Vor mir das Khazne al-Firaun, das sogenannte „Schatzhaus des Pharaos“.
Ich grinse einfach nur. Schaue staunend diese beeindruckende Fassade hinauf und hinunter. Vergesse die vielen Hundert Touristen um mich herum. Einige Landschaften oder Bauwerker hat man schon Tausend mal auf Bildern oder in TV Dokus gesehen, aber wenn man dann endlich leibhaftig den Anblick genießt, dann ist es so, als würde man es das erste mal sehen. So geht es mir gerade. Ich bin überwältigt.
Der Tourguide lässt mir genügend Zeit die Eindrücke in mich aufzusaugen und trommelt dann seine Gruppe zusammen „Kommt, wir gehen weiter.“
Hä? Wo will der jetzt hin? Schon zurück? Ich bin entrüstet! Er geht aber nicht zurück zum Canyon Siq, sondern lässt das Schatzhaus links liegen und verschwindet um die nächste Ecke.
Jetzt bin ich aber gespannt.
Neugierig trottet die Reisegruppe hinterher. Und spätestens jetzt verfalle ich in hysterische Schnappatmung. Vor mir ein riesiges Areal mit Felswohnungen, römischen Gebäuden, einem Amphitheater, Häusern, Säulengängen. Eine ganze Stadt.



Siehste. Es hat auch Vorteile keine Reiseführer zu lesen. Man kann viel leichter überrascht werden.
Petra. Gedanklich mache ich einen kleinen grünen Haken hinter diesen Eintrag in meine persönliche Unbedingt-einmal-im-Leben-gesehen-haben-will-Liste und bin glücklich.
Einfach nur glücklich.

Das Leben eine Achterbahn
Es ist hinlänglich bekannt, dass das Leben eine Achterbahn ist. Es geht auf und ab, und meine drei Wochen in Israel, Jordanien und Ägypten haben das anschaulich bewiesen:
Bergab: Gepäck verloren.
Noch nicht unten. Weiter bergab: Sexuelle Nötigung beim Grenzübertritt.
Endlich bergauf: Wunderschöne Tour durch Israel mit großartigen Eindrücken.
Zwischentief. Bergab: Zerstörung meiner geliebten Kamera durch eigene Schusseligkeit.
Bergauf zum Peak: Endlich sehe ich Petra in Jordanien und bin überglücklich.
Schwung mitgenommen. Weiter bergauf: Nach Israel und Jordanien zurück in Ägypten, zum Schnorcheln, taucht mein Gepäck wieder auf.
Und? Was soll noch weiter passieren? Sogar mein Gepäck kommt mit mir in Frankfurt an, als ich nachts um zwölf Uhr zuhause lande. Seelig schließe ich meine Wohnungstür auf. Home sweet Home. Ein Ruck in der Achterbahngondel und es geht… …bergab: Der Boden meiner Wohnung übersät mit Sachen. Die kleine Kommode, die im Flur steht, entleert auf den Boden. Mein Schlafzimmer. Alle Schränke geöffnet. Kleidung achtlos auf Boden und Bett geworfen. Mein Wohnzimmer. Alle Schubladen und Schränke offen. Meine Balkontür weit geöffnet. Laub und kalter Nachtwind wehen mir entgegen.


Von einer Reise nach Hause zu kommen, und die eigene Wohnung ausgeraubt vorzufinden, das wünsche ich keinem. Den Einbrechern, die meinen einzigen wertvollen Besitz, eine Schweizer Uhr, gestohlen haben, wünsche ich übelste Magen-Darm-Viren, den dazugehörigen Dünnpfiff und weder Toilette noch Papier in der Nähe. Und das möglichst so lange, bis sie bereuen.



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